B A L L A D E N 

 Erntedank 

 Laubenleben 

 Hannibal a.p. 

 Geschüttel aus Poppenbüttel 

 Ritter Gunter 1 

 Ritter Gunter 2 

 Ritter Gunter 3 

 Unpäßlich 

 Die Sensation 

 Sir Henry 

 Greisverkehr 

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 Erntedank 

 

 Endlich ist der Raps geschnitten; 

 Die Schnitter sind vom Schnaps geritten. 

 Der Bauer in die Scheuer fährt, 

 Die Bäuerin sich ums Feuer schert. 

 

 Sie legt gleich in der Scheuer Feuer. 

 Die Pferde sind im Feuer scheuer. 

 Den Mann, als sie das Feuer schürt, 

 Kein Weg mehr aus der Scheuer führt. 

 

 Im Wohnhaus legt der Heuer Feuer. 

 Das sind zwei feine Feuer heuer! 

 Doch so ein Brand ist teuer heuer! 

 Das wird für Frau und Heuer teuer! 

 

 Au weua! denkt die Bäuerin: 

 Beim Kirchgang ich ganz Reue bin; 

 Bekenne bei der Beichte, Leute, 

 Für Satan war ich leichte Beute. 

 

 "Nun fahre hin, mein treuer Hagen, 

 Dumpf Trauer muß ich heuer tragen; 

 Wie konnt' ich dir die Treu' versagen - 

 Viel mehr noch, als die Säu' vertragen!" 

 

 Magd Britt beharrt im Feuerschein: 

 "Ich putze und ich scheuer' fein". 

 "Ach, bringst du für sechs Mäuler, Britt, 

 Uns brutzelbraune Broiler mit?" 

 

 

 

 

 Laubenleben 

 

 Max wollte bei den Laubenheimen 

 Den Lerchen neue Hauben leimen; 

 Mit Menschen, die in Heimen leben, 

 Ein Viertelchen beim Leimen heben. 

 

 Doch da trat an den Laubentresen 

 Die Valerie, wollt' Trauben lesen. 

 "... Und wenn wir erstmal Trauben haben, 

 Dann laß uns zu den Hauben traben. 

 

 Und uns dann bei den Hauben laben, 

 Sofern wir Wein in Lauben haben... 

 Doch dafür muß man lesen Trauben, 

 Mein lieber Freud  der Tresenlauben!" 

 

 Doch warnte ich vorm Heben: "Raben, 

 Sie könnten wohl die Reben haben, 

 Da diese meist vom Rauben leben, 

 Besonders bei den Laubenreben." 

 

 "Dann wollen wir bei den Rebenlauben 

 Dem Rabenpack das Leben rauben. 

 Wenn die uns weg vom Lesen trieben, 

 Sollst du mich gleich beim Tresen lieben."

 

 

 

 

 

 Hannibal a. p. 

 

 Am Tiber, vor dem Tore 

 Von Rom saß Hannibal 

 Und hob die Trinkamphore 

 Zum hundertzwölften Mal. 

 

 Er brachte Elefanten 

 In großer Zahl herbei. 

 Sein Helm kam ihm abhanden. 

 Der Flöhe waren drei. 

 

 Er träumte in dem Schatten 

 Bei einem Lindenbaum 

 In duftenden Rabatten 

 Wohl einen süßen Traum: 

 

 "Ich muß die Welt erobern, 

 Mit Hieb! und Stich! Tut's kund! 

 Laßt meine Feuer lodern 

 Ums weite Erdenrund!" 

 

 Doch zeigten nur die Flöhe 

 Sich interessiert am Ziel, 

 Und - Ist das nicht die Höhe?! 

 Gewannen auch das Spiel.  

 

 

 

 

 Geschüttel aus Poppenbüttel 

 

 Hier poppt seit Sechzehn-Schüttelbar 

 Bereits der Poppen-Büttel Schar. 

 Man sagt von diesen Schüttelbütteln, 

 Daß poppend sich die Büttel schütteln. 

 Sagt, Spricht das nicht zehn Schüttelbände? 

 Nun wacht, daß sie kein Büttel schände! 

 

 Hast du auf Geschüttel Bock? 

 Ohne jeden Büttelschock? 

 Runter von der Schüttelbank, 

 Schlendern wir zum Büttelschank. 

 Heben wir ein Schüttelbier! 

 Das ist für die Büttel schier 

 Ihr allerschönstes Schüttelbild. 

 Heb's auf deinen Büttelschild! 

 Vorsicht mit dem Schüttelbitter, 

 Der ist nichts für Büttelshitter! 

 

 Hier in diesem Schüttelbau 

 Läuft heut eine Büttelschau. 

 In der alten Büttel Schienen 

 Tanzen süße Schüttelbienen. 

 Selbst der kleinste Schüttelbalg 

 Wird sogleich zum Büttelschalk. 

 Und den Bauern Schüttelbolle 

 Reißt's von seiner Büttelscholle. 

 Sieh, da kommt der Schüttelbeau! 

 Jetzt beginnt die Büttelschow! 

 

 Hoch auf seiner Schüttelburg 

 Haust der grause Büttelschurk, 

 Oben in den Schüttelbergen, 

 Stets verfolgt von Büttelschergen. 

 Raubt mit seiner Schüttelbande 

 Zu der Flachlandbüttel Schande. 

 Einten sich zum Schüttelbund, 

 Reden keinen Büttelschund. 

 Trägt er oft auch Schüttelbinder, 

 Ist er doch ein Büttelschinder. 

 

 Ruhend auf den Schüttelballen 

 Läßt er Flüch' auf Büttel schallen, 

 Spielt hoch überm Schüttelbach 

 Jeden Abend Büttelschach. 

 Danach lassen Büttelschächer 

 Kreisen ihre Schüttelbecher. 

 Zocken um die Schüttelbeute, 

 Was noch nie ein Büttel scheute. 

 Dann erklingt hell Büttelschall: 

 Jetzt beginnt der Schüttelball! 

 

 Alles schwingt die Schüttelbeine 

 In der Kerzen Büttelscheine. 

 Dann spielt jemand Büttelcello. 

 Unschön bellt der Schüttelbello. 

 Für sein falsches Schüttelbellen 

 Erntet er manch Büttelschellen. 

 Schräg singt auch ein Schüttelbaß - 

 Macht, daß man den Büttel schaß'! 

 Strafend mit dem Schüttelbeitel 

 Zieht man ihm den Büttelscheitel. 

 

 Jetzt vertäut das Schüttelboot.

 B.-Schurk fiert die Büttelschot. 

 Hier ist er der Büttelshark 

 Auf der alten Schüttelbark. 

 Der entsteigt die Schüttelbuhle. 

 Nie ging sie zur Büttelschule. 

 Bald, im nächt'gen Büttelschutze 

 Strebt man heim zur Schüttelbutze, 

 Macht sich auf die Schüttelreise. 

 Einer tritt in Rüttelscheiße. 

 

 

 

 Ritter Gunter I 

 

 Gunther, obwohl Rittersmann, 

 Fängt sofort zu zittern an, 

 Wenn ihn ruft die heil'ge Pflicht 

 Auf ins blutige Gefecht. 

 

 Nicht der Feinde Übermacht 

 Hat ihm je was ausgemacht . 

 Doch hat er ein Burgfräulein, 

 Das läßt er nicht gern allein. 

 

 Gwendolin heißt diese Maid, 

 Schön wie keine weit noch breit. 

 Gunther ist als rechter Mann 

 Ihr in Minne zugetan. 

 

 Hinter hohen Söllermauern, 

 Denkt er, kann sie mir versauern. 

 Gerade wenn es draußen kalt, 

 Ist der beste Aufenthalt 

 

 In dem Bette, unterm Pfühle. 

 Eine Wärmflasche die Kühle 

 Hier sehr rasch vertreiben kann - 

 Aber ach! Manchmal sind Ohren dran! 

 

 Sicher ist Vertrauen gut 

 In die Menschheit. Absolut 

 Wird die Sicherheit doch nur 

 Durch Kontrolle der Natur. 

 

 Gunther konsultiert den Schmied, 

 Und bestellt, mit Nut und Niet, 

 Solch neumod'sches Eisenhöschen 

 Für Gwendolin, sein liebstes Röschen, 

 

 Vorn mit einem Gitter dran, 

 So man fest verschließen kann, 

 Das vor fremdem Zugriff schützt, 

 Wenn Mann mal im Felde ist. 

 

 Solchenfalls hat Gwendolin 

 Ihren Blechslip anzuziehn. 

 Vorm Gefecht läßt Ritter Gunther

 Dann nur noch das Gitter runter. 

 

 NACHSCHRIFT 

 

 Als er dann sein Weib begehrte 

 Nach 'nem Krieg, der länger währte 

 Und verrostet war das Schloß, 

 Welches schützte Gwendis Schoß, 

 Rief er bald voll Ungeduld 

 (Mangelnd an Respekt und Huld): 

 

 Hach! Minne! 

 Mach hinne! 

 

 

 

 

 Ritter Gunter II 

 

 Bildungsreich trotz seiner Jugend 

 Zierte Gunter manche Tugend: 

 Beispielsweis' als Reimeschmied 

 Pries er in so manchem Lied 

 Minne und Frau Gwendolin. 

 Meist stand auch vom Mond was drin. 

 

 Las er Stanzen nachts am Stammtisch, 

 War's dramatisch wie romantisch. 

 Nur das Fräulein Gwendolin 

 Hatte hierfür wenig Sinn, 

 Denn ganz bitterböse Schmerzen 

 Rissen barsch an ihrem Herzen, 

 

 Immer, wenn sie Gunthern, ah! - 

 Mit der Muse knutschen sah. 

 "Grausamer!" rief sie, und: "Ehrlich, 

 Mir ist Deine Kunst entbehrlich! 

 Rittersmann, verschon denn mein 

 Mit Stanzenkunst und Mondenschein!" 

 

 

 

 

 Ritter Gunter III 

 

 Gunter singt auch manche Ode 

 Auf die allerneueste Mode, 

 Die man trägt in etwa seit 

 Der halbspäten Eisenzeit. 

 

 Für den „follower of fashion“ 

 Gibt’s im Kampf keine Maleschen: 

 Auf dem Kopf aus Blech ein Hut, 

 Schützend seinen Brägen, ruht. 

 

 Vor der Brust ein Wappenschild, 

 Das im Kampfe etwas gilt. 

 Auch das blanke Kettenhemd 

 Ist nicht nur ein Ornament. 

 

 Wie den Fischlein ihre Dose 

 Passen Jacke und auch Hose. 

 Glaubt mir: diesen Eisenmann 

 Pickten nie die Meisen an. 

 

 

 

 

 Unpäßlich 

 

 Der König ist schon hochbetagt. 

 Die Furcht an seinem Herzen nagt: 

 Wer wird der nächste König sein? 

 Der Gatte für sein Töchterlein? 

 

 „Man rufe aus im ganzen Land: 

 Ich biete meiner Tochter Hand 

 Dem allertreuesten Edelmann, 

 Doch nur, wenn er sie lieben kann! 


 Dazu mein ganzes Königreich! 

 Der Herold ruf’ es aus sogleich! 

 Und wer den hohen Preis begehrt, 

 Besteige frohen Muts sein Pferd!“ 

 

 Drauf zieht heran von fern und nah 

 Die buntgescheckte Freierschar. 

 Dem Mädlein wird ganz bang ums Herz, 

 Schnürt’ fester Hermelin und Nerz, 
 

 Und ruft den Herold zu sich her. 

 Verkünde er die triste Mär: 

 Die Hoheit plagt der Nierenstein. 

 Sie sagt heut allen Stieren „nein“. 

 

 

 

 

 Die Sensation 

 

 Kennt ihr schon die Sensation 

 Von Klein-Wutz bei Iserlohn? 

 Dort erhielt die Bundesstrasse 

 Grad eine Umgehungs-Trasse. 

 

 Diese bietet freien Blick 

 Auf ein kleines Wiesenstück, 

 Wo sich neben Bienen, Hummeln 

 Manchmal auch Nudisten tummeln. 

 

 Das führt bei Schönwetterlagen, 

 Allzumal an Feiertagen, 

 Gleich nach Psalm und Katechismus 

 Zu verstärktem Nahtourismus. 

 

 Pfarrer und Gemeinderäte   

 Fordern, daß man etwas täte, 

 Weil des Dorfes Ruf und Ehre 

 Wiederherzustellen wäre. 

 

 Und die Wutzer Ehefrauen 

 Wollen gar eine Mauer bauen! 

 Kommt sie denn, die Trassenmauer, 

 Fallen die Kerls in Massentrauer. 

 

 

 

 

 Sir Henry 

 Sir Henry trug nur großkariert. 

 Im Umgang war er leicht blasiert, 

 Im Kopfe nur Polo und Pferde. 

 Er liebte die Jagd, 

 Und manchmal die Magd, 

 Mit gentlemanliker Gebärde. 


 Sein Herz gehörte einem Weib 

 Mit tadellos gestyltem Leib, 

 Das schwärmte für Kunst und £ Sterling. 

 Sie war so cool 

 Im Swimmingpool 

 Und nannte sich Pamela Sperling. 


 "Du weihst mich bitt’rer Todespein! 

 Erhöre mich und werde mein!" 

 Klagt Henry der Liebsten sein Leid. 

 "Wer mich will beringen, 

 Muß göttergleich singen", 

 Zwitschert die listige Maid. 

 

 "Für dich nur werd ich Arien singen 

 Von Liebesglut und ew’gen Dingen, 

 Am Sonntag gleich auf meinem Landsitz!" 

 Dort sang er keck 

 Caruso Playback 

 Und schaut ihr dabei noch ins Antlitz. 

 

 Die spricht mit List: "Du singst so rein! 

 Und nur für mich? Das darf nicht sein! 

 Nur edelsten Wesen auf Erden 

 Gebührt dein Gesang, 

 Dein liebender Drang. 

 Sing’ du, Henry, vor deinen Pferden!" 

 

 Den Spott hat Sir Henry niemals verwunden. 

 Er reitet in Eile, im Geiste zerschunden, 

 Mit fliegenden Fahnen 

 Aufs Schloß seiner Ahnen. 

 Dort wählt er den schönsten Säulengang 

 Wo er hinfort vor den Gäulen sang. 

 

 

 

 

 Greisverkehr 

 Bericht

 Seniorin Daisy Renz  

 Aus der Senioren-Residenz 

 

 Wenn Greisinnen nach Greisen linsen, 

 Verführt's manch Greis zum leisen Grinsen: 

 Ist er doch nie ein Mauerblümchen 

 In der Gesellschaft blauer Mühmchen. 

 

 Das Rindvieh liebt zur Speise Gras, 

 Nie haben daran Greise Spaß. 

 Wenn grünes Zeug als Speis grassiert, 

  Statt dessen gern der Greis spaziert. 

 

 Ach, wollen mal die Greise raus,

 Für Pfleger ist solch Reise Graus. 

 Sie müssen viele Greise rollen, 

 Weshalb sie vor 'ner Reise grollen. 

 

 Oft staunt man, was solch Greiser weiß. 

 Man ruft entzückt: oh weiser Greis! 

 Oft ist auch stark der greise Wille; 

 Manch Greisin pflegt manch weise Grille. 

 

 Wenn abends sich die Greise laben, 

 Beim Friedhof Küster leise graben. 

 Derweilen schaut man gruppenweise 

 Beim Fußball zu. Da wuppen Greise! 

 

 

 

 

 © Peter Möck, Berlin 

 

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